Filmpolitischer Informationsdienst Nr. 227, Juli/August 2012

Förderer, fördert Talente!

Von Ellen Wietstock

Die obligate Pressekonferenz des Medienboards Berlin-Brandenburg fiel in diesem Jahr aus. Grund: Der Aufsichtsrat soll den Bericht für das Geschäftsjahr 2011 nicht abgenommen haben. Externe Prüfer arbeiten nun an der Klärung der buchhalterischen Unregelmäßigkeiten. Diesen Vorfall nehmen einige Filmemacher aus der Region zum Anlass, um über eine grundsätzliche Umstrukturierung des Medienboards und die Einrichtung von transparenten Fördergremien nachzudenken. Nun hat die Förderpraxis des Medienboards nichts mit den Unregelmäßigkeiten im Verwaltungsbereich der GmbH zu tun. Denn obwohl die Förderinstitution der Hauptstadtregion seit 1994 als Intendanten-modell und gremienfreie Zone geführt wird, unterscheiden sich die Förderergebnisse nicht von der Spruchpraxis anderer Länder- bzw. Bundesförderungen, in denen Gremien die Filmprojekte beur- teilen. Schade eigentlich.

Und doch ist nichts Falsches daran, unser Filmfördersystem generell zu hinterfragen. Es ist sogar dringend notwendig. Soviel steht fest: Förderer sollen das Unmögliche möglich machen. Sie sollen gegenüber der Politik ihre Existenzberechtigung unter Beweis stellen, Standorteffekte nachweisen, die kreative Szene vor Ort pflegen. En détail bedeutet das: Der Produzentenverband möchte ein produzentenorientiertes Kino gefördert haben, die Dokumentaristen verlangen mehr Fördergelder für ihre Projekte, das Arthouse-Kino soll angemessen vorkommen, die Autorenfilmer/innen der ersten Stunde wollen berücksichtigt werden, die künstlerisch orientierten Low-Budget-Filmer ebenfalls, und natürlich soll der Nachwuchs gefördert und außerdem noch ein Zugang für Quereinsteiger freigehalten werden. Kurz: Die Förderer sollen aus der Sicht der Filmbranche – hier: der Antragsteller – die „richtigen“ Förderentscheidungen treffen. Hat ein Filmemacher/Produzent eine Förderung erhalten, ist er natürlich auf die jeweilige Institution gut zu sprechen. Wird sein Antrag abgelehnt, ertönt der Ruf nach strukturellen oder personellen Veränderungen. Und obwohl sehr viel Fördergeld in Deutschland vorhanden ist – für alle reicht’s nicht, in Berlin schon gar nicht.

Förderer sollen ihre Qualifikation in den Dienst der Sache stellen, in erster Linie des Filmprojekts. Momentan sind sieben bis acht Förderer im Vorspann deutscher Filme keine Seltenheit, dazu kom- men bis zu vier, fünf Fernsehsender. Im Abspann werden dann noch einmal im Danksagungsblock sämtliche Mitarbeiter der beteiligten Förderinstitutionen namentlich genannt. Sieht so das neue Dienstleistungskonzept aus? Es soll dagegen schon vorgekommen sein, dass der Name eines Setbauers im Abspann vergessen wurde und so ein Mensch unerwähnt blieb, der unmittelbar an der Herstellung eines Films beteiligt war. Andererseits: Wo laden die Förderer ihre Batterien auf? Wie leistet man das – sich zum Beispiel noch nach zehn oder zwanzig Jahren begeistert zu zeigen von einem Projekt, das mal eben bei einem Empfang im Vorbeigehen gepitcht wird?

Apropos Setbauer: Die von Seiten der Landesregierungen aufgestellten Bedingungen hinsichtlich der Standorteffekte treiben immer seltsamere Blüten. Jeder Förderer will bei großen Renommier- projekten mit internationalen Stars dabei sein, um seinen Standort aufzuwerten und im jährlichen Tätigkeitsbericht Erfolge vorweisen zu können. Im Produktionsalltag sieht das so aus: Das Schlaf zimmer aus dem Film Der Vorleser mit Kate Winslet in der Hauptrolle wurde beispielsweise an drei verschiedenen Locations aufgebaut, in Babelsberg, in Nordrhein-Westfalen und in Sachsen. Wirtschaftlich im eigentlichen Sinne ist das nicht.
Es ist Geld da, und es sind Talente da. Beides zusammenzubringen, konsequent Regietalente aufzubauen, wäre das Gebot der Stunde. Statt kommerzielle Filme mit sehr hohen Summen zu subventionieren, wäre es sicher sinnvoller, einmal für einige Jahre den Förderschwerpunkt auf talentierte Drehbuchautoren und Regisseure zu legen und zu schauen, was daraus wird. Ein Versuch wäre es zumindest wert.